Hildener Fahrgäste ärgern sich oft über Verspätungen – zu Recht? Was die Analyse wirklich aussagt
„S1 ca. zehn Minuten später“ – diese Durchsage hören die Fahrgäste an den beiden Hildener Bahnhöfen öfter. Gefühlt ist diese S-Bahnlinien andauernd oder gar „nie“ pünktlich. Doch stimmt das auch? Im Juni 2024 hat der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) einen neuen Qualitätsbericht für das Jahr 2023 herausgegeben – mit vielen interessanten Analysen, unter anderem auch zur Pünktlichkeit der S1 und anderen Verbindungen.
S-Bahnen pünktlicher als Regional-Züge
Allgemein lässt sich sagen: 2023 ist die Anzahl der verspäteten Fahrten angestiegen. Dabei müsse man aber unterscheiden, sagt der VRR: „S-Bahnen waren wie bereits in den Vorjahren die pünktlichsten Regionalverkehrslinien: 83,4% aller Fahrten waren entweder pünktlich oder nur leicht verspätet. Bei den Regionalbahnen war dies nur bei 79,4%, bei den Regionalexpressen bei 72,5% der Fahrten der Fall. Die Regionalverkehrszüge im VRR waren 2023 mit einer durchschnittlichen Verspätung von zwei Minuten und sieben Sekunden unterwegs – was einem Minus von 29 Sekunden im Vergleich zum Vorjahr entspricht.“

Damit war „im Schnitt fast jede zehnte Fahrt mit über elf Minuten sogar hochverspätet, bei den S-Bahnen war es hingegen nur jede 33. Fahrt (Quote von 3,3 %). Mit einem Hochverspätungsanteil von 5,6% (eine Verschlechterung um 0,8 Prozentpunkte) liegen die Regionalbahnen dazwischen.“
Grund dafür seien u.a. die vielen Baustellen, „kurzfristige Personalausfälle“, „Streckensperrungen infolge von Infrastrukturstörungen“, Bombenentschärfungen oder „Personen im Gleis“, erklärt der VRR. Die Folge: „Die Quote der Fahrten, die 2023 kurzfristig nicht stattfinden konnten, stieg um 1,68 Prozentpunkte auf 8,36%“.
S1: Pro Fahrt knapp zwei Minuten zu spät – Pünktlichkeitsquote: 77%
Die S1 ist in Hilden für ihre Unpünktlichkeit verschrien, u.a. in den Sozialen Medien. Teilweise lässt sich das durch die Analyse auch so lesen: Die Pünktlichkeitsquote mit einer Verspätungs-Toleranz bis zu 3:59 Minuten (das gilt noch als „pünktlich“) liegt gerade mal bei ca. 77% der erfassten Fahrten. Der Anteil der Fahrten mit Verspätungen zwischen vier und 5:59 Minuten sowie sechs bis 10:59 Minuten beträgt etwa jeweils 10%. Mindestens elf Minuten war die S1 in ca. 3% der Fahrten zu spät an einem der Bahnhöfe angekommen.

Im Durchschnitt bedeutet das: pro Fahrt war die S1 in 2023 knapp 1,9 Minuten zu spät. Immerhin: 2022 waren es noch 2,2 Minuten – eine minimale Verbesserung also, die die verärgerten Fahrgäste aber sicherlich auch nicht tröstet.

Grafiken: VRR
Viele Linien noch unpünktlicher als die S1
Keine besonders dollen Werte, aber damit ist die S1 auch nicht die unzuverlässigste Linie im VRR – obwohl sie durch die extrem lange Strecke von Solingen bis nach Dortmund für Verlaufs-Störungen besonders anfällig ist.
Denn deutlich mehr Verspätungen hatten nach der Studie die Linien RB31, RB34, RE44 und RE49 – über 35% der Fahrten verkehrten „signifikant zu spät“. Danach folgen die Linien S28, RB27, RE4, RE1 (RRX), RE2, RE11 (RRX), S9, RE7, RE10, RE42 und RB50, bei denen weniger als 30% der Fahrten im Jahr 2023 pünktlich fuhren.
„Alle Linien haben gemein, dass diese sich Trassen mit Güter- sowie Fernverkehren teilen, in hochbelasteten Korridoren verkehren und durch enge Knotenpunkte wie Köln, Düsseldorf, Essen oder über eingleisige Strecken fahren müssen“, erklärt der VRR. Sie seien außerdem von anderen Linien abhängig, wodurch Verspätungen übertragen werden. Hinzu die kommen die „schlechten Infrastrukturen“.
Eine vergleichsweise hohe Pünktlichkeitsquoten mit rund 95% und mehr haben die S4, S7, RB36 und RB52. Diese vier Linien besitzen „sehr eng getaktete Fahrpläne, bei denen nur geringe Wendezeiten bestehen“, sagt der VRR-Bericht.
Mehr Daten, zum Beispiel zu Zugausfällen, Sitzplatzverfügbarkeiten, Fahrzeug-Zustände, Fahrgastzufriedenheit etc. gibt es im Qualitätsbericht als Download.
Bericht: Achim Kaemmerer
Archivfoto: anzeiger24.de
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