Bürgerbüro: Politik will Samstags-Öffnung – Verwaltung fordert mehr Personal

Rathaus erklärt: ‚System ist auf Kante genäht‘

„Mehr Bürgerfreundlichkeit“ – das soll durch eine Samstagsöffnung im Bürgerbüro erprobt werden. Einen entsprechenden Antrag der CDU-Fraktion hat der Hauptausschuss am 30. November einstimmig verabschiedet (nach mehreren Änderungswünschen von den anderen Fraktionen).

Die Verwaltung solle nun ein Konzept entwickeln, wie das Bürgerbüro testweise ab Juni 2023 – ein Jahr lang, zweimal im Monat und mit Terminvergabe – samstags für Meldeangelegenheiten zur Verfügung stehen könne.

 

Die Vertreterinnen und Vertreter der Verwaltung waren von dem Beschluss sichtlich nicht begeistert. Denn aus ihrer Perspektive sei das personell nicht leistbar: „Der aktuelle Personalschlüssel gibt diese Zusatzöffnungen nicht her, da das hierfür eingesetzte Personal an anderer Stelle unter der Woche fehlen würde, um aufgebaute Mehrstunden auch wieder abzubauen“, heißt es in der Abstimmungsvorlage.

 

Wie ist das Bürgerbüro personell aufgestellt?

In den letzten Monaten gab es immer Kritik und Beschwerden zu den Leistungen des Bürgerbüros.

Die Verwaltung nahm die Diskussion nun zum Anlass, ihre Situation auf rund 20 Seiten einmal detailliert darzustellen.

 

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Einige wichtige Punkte zusammengefasst:

 

Terminvergabe

Als es für das Bürgerbüro noch keine Terminvergabe gab, sei die Kundenzufriedenheit „bis einschließlich 2019 unzureichend“ gewesen, u.a. wegen der langen, nicht absehbaren Wartezeiten, berichtet die Verwaltung: „Dies galt aber auch für die Mitarbeitenden, die personelle Fluktuation im Bürgerbüro war auffällig und hat somit auch nicht zu einer kontinuierlichen Aufgabenerledigung beigetragen“.

 

Mit der Einführung der (digitalen) Terminvergabe „haben sich die Dienstleistungs- und auch Arbeitsbedingungen spürbar verbessert, ohne dass der Anspruch erhoben wird, dass die Bedingungen bereits abschließend optimal wären.“

 

Im Übrigen seien Spontan-Besuche weiterhin möglich bei

  • „Notfallterminen“, also „nachweislich begründeten und eilbedürftigen Einzelfällen“
  • Abholung von Ausweisdokumenten
  • Ausstellung von Meldebescheinigungen
  • Beantragung von Führungszeugnissen
  • Auszügen aus dem Gewerbezentralregister
  • Beantragung von Bewohnerparkausweisen
  • Anmietung von Fahrradboxen

 

Auch wurde bemängelt, dass Termine meistens erst ca. drei bis vier Wochen im voraus gebucht werden können. Vor den Hauptferienzeiten können es sogar bis zu fünf Wochen sein.

Inzwischen hat sich die Wartezeit unter „normalen“ Bedingungen auf ca. zwei Wochen eingependelt.

 

„Im Vergleich zu anderen großen NRW-Städten mit Termingeschäft und Wartezeiten bis zu drei Monaten sind die Terminwartezeiten im Hildener Bürgerbüro immer noch als angemessen zu bezeichnen“, sagt die Verwaltung. Drei bis vier Wochen seien außerdem „zumutbar“.

 

Schließungen und Ausfälle

Immer wieder kam es zu „krankheitsbedingten“ Schließungen und Ausfällen im Bürgerbüro – Spott und Häme folgten oftmals in den Sozialen Medien.

Dabei habe dank des „hohen Einsatzes der Mitarbeitenden unter erschwerten Bedingungen die Anzahl der abgesagten Termine gering gehalten werden“ können, sagt die Verwaltung.

 

Grund für die Ausfälle sei u.a. der „Personalschlüssel“: Aktuell stehen im Bürgerbüro 5,77 Stellen (VZÄ) als eingestellte Ist-Kapazitäten zur Verfügung.

Laut der Personalstudie einer extern eingeschalteten Unternehmensberatung sei das aber nicht ausreichend.

Das Bürgerbüro benötige eine weitere 0,5 VZÄ-Stelle, um die erforderlichen Führungsaufgaben wahrnehmen zu können.

Außerdem seien zwei Mitarbeitende im Umfang von 1,0 VZÄ mit Einbürgerungsangelegenheiten und Backoffice-Angelegenheiten beschäftigt. Und auch für diese Tätigkeiten sei das Rathaus bereits unterbesetzt.

 

Hinzu kommen weitere „Kundenarbeitsplätze im termin- oder terminfreien Geschäft ohne Sachgebietsleitung, etwa für Gebühren-Abrechnungen, Führerscheinangelegenheiten, Führungszeugnisse, Fundsachen, Fischereischeine oder Klärung von melderechtlichen Konfliktfällen mit dem Finanzamt usw.

 

Nur 2,77 Stellen für Kundenarbeitsplätze

„Unter dem Strich verbleiben somit für die klassischen Kundenarbeitsplätze im Termingeschäft nur Mitarbeitende im Umfang von 2,77 VZÄ (ohne Sachgebietsleitung) an Ist-Kapazitäten“, bilanziert die Verwaltung. „Nur unter Zuhilfenahme der Sachgebietsleitung ist das Termingeschäft mit den aktuellen Terminwartezeiten so gerade eben verlässlich leistbar, auch wenn dies heute schon zu Lasten der Führungsaufgaben und anderer Tätigkeiten im Bürgerbüro geht. Raum für weitere Optimierungen und auch Flexibilisierungen verbleibt dabei nicht. An diesen Darstellungen wird deutlich, dass das System jetzt schon ‚auf Kante genäht‘ ist und allein deshalb Handlungsbedarf besteht, um das Dienstleistungsgeschäft des Bürgerbüros auf ein sicheres und verlässliches Fundament zu stellen.“

 

Es folgen weitere akribische Ausführungen zu den einzelnen Tätigkeitsbereichen wie „Führungszeugnisse“, „Bewohnerparkausweise“ oder „Führerscheine“ sowie einige Statistiken und Vergleichswerte gegenüber anderen Kommunen.

Aus diesen und vielen anderen Gründen sei eine Samstagsöffnung nicht zu bewerkstelligen und auch nicht notwendig.

 

Trotzdem: Der politische Beschluss ist nun getroffen. Die Verwaltung wird sich nun etwas überlegen müssen.

Wahrscheinlich müssen nun die Dienstpläne umstrukturiert werden. Und der Personalrat möchte da sicherlich auch noch ein Wörtchen mitreden…

 

Bericht: Achim Kaemmerer

Foto: XXX

 


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