Gebühr für Stadtpark-Nutzung zahlen: Warum?

Auch Fraktion der Bürgeraktion ist irritiert – Verwaltung spricht von ‚Sonderfall‘

Der Judo Club Hilden ist enttäuscht von der Stadtverwaltung: Der Verein wollte im Sommer im Stadtpark mit dem Kreissportbund Mettmann „Sport im Park“ und dem Olympischen Sportbund einen Action & Family Day veranstalten.

Doch daraus wurde nichts, denn: Für die Nutzung von öffentlichen Grünanlagen erhebt das Rathaus eine Bearbeitungsgebühr von 25 Euro für jede angefangene halbe Stunde Arbeitzeit zur Bearbeitung und Ausfertigung eines Vertrages sowie 3 Euro pro genutzte Stunde.

 

„Dies bedeutet, dass Menschen und Organisationen wie Tagesmütter, Firmen, Sportvereine und andere, die den Park für verschiedene Aktivitäten nutzen, nun mit Gebühren konfrontiert werden“, sagt die Vorsitzende Sandra Wolski.

Der Judo Club habe deshalb beschlossen, „dass wir die Stadt Hilden hier boykottieren müssen, wenn sie gemeinnützigen Vereinen jetzt auch bei solchen Dingen Gebühren abverlangt, bzw. Gebühren erhoben werden können und Auslegungen von Ausrichtungen der Veranstaltungen willkürlich ablaufen, wie es aktuell den Anschein hat“

 

amadess-1

 

Stadt Hilden: „Geplante Veranstaltung diente der Mitgliederwerbung“

Wir hatten das Rathaus um eine Stellungnahme gebeten. Zunächst erklärt uns die Verwaltung: „Die Gebühr für die Bearbeitung des Vertrages richtet sich nach der Verwaltungsgebührensatzung der Stadt Hilden.“ Der Betrag von 25 Euro werde auch für andere Verwaltungsdienstleistungen der Stadt Hilden erhoben. Das Nutzungsentgelt in Höhe von 3 Euro je Stunde orientiert sich an der Entgeltrichtlinie für Sportstätten.

 

Und warum müssen auch ehrenamtlich tätige Vereine zahlen?

Öffentliche Grünanlagen bieten unter anderem Spielmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche, sind Rückzugs- sowie Erholungsraum vom Stadtleben. Außerdem sind sie wichtiger Lebensraum für Pflanzen und Tiere“, sagt uns die Verwaltung.

Veranstaltungen auf öffentlichen Grünflächen seien zwar möglich, da auch wie „das Leben in der Stadt prägen“. Und: „Eine rein gemeinnützige und im öffentlichen Interesse liegende Nutzung wird auch weiterhin gebührenfrei sein.“

 

Hier aber läge ein Sonderfall vor: „Die seitens des Judo-Clubs geplante Nutzung geht über diesen Gebrauch einer Grünanlage hinaus und schränkt die Nutzbarkeit dieser Fläche für die Allgemeinheit in diesem Moment ein. Die geplante Veranstaltung sollte zur Vorstellung des Vereins und damit sicherlich auch der Mitgliederwerbung dienen. Darüber hinaus war geplant, Verpflegung in Form von Grillwurst und Softgetränken anzubieten.“  

 

Judo Club: „Stadt verstößt gegen Gleichheitsgrundsatz“

Dieser Darstellung widerspricht der Judo Club energisch. Die Vorsitzende Sandra Wolksi erklärt: „Wir wollten mit dieser Aktion in Zusammenarbeit mit übergeordneten Sportverbänden Menschen jeglichen Alters dazu animieren, gemeinsam Sport zu machen und unseren Verein als Begegnungsstätte vorzustellen.“

Das habe nichts mit „Mitgliederwerbung“ zu tun.

 

Anfangs wurde auch angedacht, Grillwürste und Softgetränke anzubieten. Doch das wurde später verworfen, u.a. aus Brandschutz-Gründen, ergänzt Vereinspressesprecher Stefan Drah im Gespräch mit anzeiger24.de: „Es sollten lediglich Wasser und Softgetränke zum Selbstkostenpreis ausgegeben werden, um sicherzustellen, dass die Teilnehmer bei dem Sportangebot mit Getränken versorgt sind.“

Dies sei kein Grund, ein Event nicht mehr als gemeinnützig zu bewerten: „Hier hätte die Stadt ruhig mal etwas genauer nachfragen können. Wenn bei Karnevals- und Schützenvereinen zum Feiern und Umtrunk geladen wird, bewertet man das scheinbar anders.“ 

 

Und außerdem: Nach der Argumentation der Stadtverwaltung müsste jede Art von Veranstaltung als „Werbeveranstaltung“ angesehen werden, sagt der Verein. Schließlich sei es „nicht vermeidbar, die eigene Organisation nicht zu präsentieren, wenn man eine öffentliche Veranstaltung durchführt“, so Drah. „Es ist nicht möglich, das eine vom anderen zu trennen. Wenn ja, soll uns die Stadt bitte Aufschluss darüber geben, wie man eine solche Veranstaltung durchführt, ohne repräsentativ zu sein.“ 

 

Banner-Norma-Pad-Sept-2021

 

Das müsste dann auch für andere Veranstaltungen wie Konzerte der Musikschule oder Treffen von Kita-Gruppen in den Stadtparks gelten: „Was ist mit Vereinsfesten mit Ausschank von Alkohol und Speisen, die im öffentlichen Raum von Karnevals-, Schützen- und Bürgervereinen durchgeführt werden? Diese Flächen sind während der Durchführung auch nicht für die Allgemeinheit nutzbar„, findet Vereinssprecher Stefan Drah: „Das Rathaus verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.“

Stattdessen geht der Judo Club jetzt zum Engelsberger Hof in Solingen. Die Klingenstadt habe dazu unbürokratisch eine Genehmigung erteilt, so Drah; es müssen lediglich einige übliche Auflagen erfüllt werden.

 

Unterstützung von der „Bürgeraktion“ 

Auch die Ratsfraktion der Bürgeraktion (BA) ist irritiert über die Entscheidung der Verwaltung und hat eine entsprechende Anfrage an das Rathaus gestellt. Der Fraktionsvorsitzende Ludger Reffgen will u.a. wissen, „was die Verwaltung veranlasst hat, Nutzungsentgelte für Sportstätten rigoros auf öffentliche Grünanlagen zu übertragen, nach welchem Gebührenmaßstab die Berechnung erfolgt.“

 

Reffgen kommentiert: „Wir befürchten, dass der bürokratische Aufwand größer ist als der Nutzen, den die Stadt mit solchen Gebühren erzielt“, so Reffgen. „Schon gar, wenn Vereine und Organisationen mit solchen Gebühren tendenziell davon abgehalten würden, im öffentlichen Raum Aktivitäten zu entfalten und Leben in die Stadt zu bringen.“

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Fotos/Collage: anzeiger24.de / Judo Club Hilden / N.Verlaan/Pixabay

 


Ihr wollt uns Eure Meinung sagen? Gerne per Mail an

presse@anzeiger24.de

oder als Kommentar bei Facebook.

Euch hat unser Beitrag gefallen? Dann liked und teilt ihn gerne.