Knatsch um Rats-TV: 2.210 Euro pro Sitzung einsparen?

Bürgeraktion und CDU streiten über die Kosten: Müssen andere Bürger-Belange zurück stehen?

Ratssitzung – kann zäh und mühselig sein. Aber auch spannend. Es werden Entscheidungen getroffen, die den Alltag der Bevölkerung betreffen. Es lohnt sich also schon, den gewählten Volksvertreterinnen und -vertretern einmal bei den Debatten zuzusehen. Doch offenbar gibt es eine Hemmschwelle, jedes Mal dafür extra in die Stadthalle zu kommen. Seit Februar 2023 kann man die Ratssitzungen live oder nachträglich im Internet anschauen. Könnte das mehr Interesse an der Stadtpolitik wecken?

 

Doch nun steht das Streaming-Angebot vor dem Aus, beklagt die Ratsfraktion der Bürgeraktion (BA).

Offenbar ist das Projekt zu kostspielig.

 

Laut Auskunft der Stadtverwaltung gab es folgende Zugriffszahlen:

417 im Februar, 154 im März, 215 im April, 24 im Mai, 196 im Juni, je 22 im Juli und August, 235 im September, 435 im Oktober.

 

Pro Ratssitzung kostet eine Übertragung 2.210 Euro.

Ist dieser Bürgerservice der Politik und Verwaltung diese Ausgaben wert? Anm.d.Red.: Auch wir haben das Instrument hin und wieder gerne genutzt, zum Beispiel wegen krankheitsbedingter Nichtanwesenheit oder um noch einmal die Wortbeiträge nachzuhören 

 

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Bürgeraktion: „CDU sperrt sich gegen Rats-TV“

Die Bürgeraktion (BA) ist empört: „Was zunächst im Rathaus nur als Spar-Idee kursierte, wird inzwischen von der CDU massiv gefordert“, sagt der Fraktionsvorsitzende Ludger Reffgen. „Bereits vor dem Versuchsstart war die Debatte im Stadtrat um die Einführung des Rats-TVs lange kontrovers verlaufen, hatte sich vor allem die CDU anhaltend dagegen gesperrt. Zuletzt erklärten sich die Ablehner widerwillig zur Zustimmung bereit, vorausgesetzt, die Redefreiheit der Ratsmitglieder werde parallel zeitlich eingeschränkt. Höchst ärgerlich fänden wir es, wenn der Stadtrat die Entscheidung, das Rats-TV wieder abzuschaffen, gänzlich über die Köpfe der Menschen hinweg treffen würde.“

 

CDU: „BA populistisch, macht aber keine Spar-Vorschläge“

Die CDU kontert auf Nachfrage von anzeiger24.de: „Wann immer sich jemand mit dem Thema Haushalt auseinandersetzt und es wagt, Vorschläge zu benennen, kommen die selbsternannten ‚Advokaten des Volkes‘ und breiten den Mantel der Betroffenheit und des Entsetzens darüber aus. Natürlich ohne selbst auch nur einen einzigen substanziellen Vorschlag zu unterbreiten“, erklärt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Peter Groß.

 

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Die CDU wolle „alle nicht unabwendbaren Positionen im Haushaltsplan zur Disposition stellen und zumindest darüber diskutieren“, so Groß. „Dass die BA sich gerne einzelne Punkte herauspickt und in populistischer Manier öffentlich macht, ist bedauerlich, zwischenzeitlich aber auch schon fast gewohnt. Die Bürgerschaft wird das zu deuten wissen.“

 

Das Rats-TV zähle „angesichts der hohen Kosten nicht zu unseren Lieblingsthemen“. Die Plankosten von ca. 15.000 Euro im Jahr (hinzu kam die von der BA beantragte Sondersitzung des Stadtrates am 19. Oktober 2023 wegen der Krankenhaus-Krise) habe „den finanziellen Spielraum zur Unterstützung z.B. von Vereinen oder ehrenamtlichen Engagement in der Stadt verkleinert“, meint Groß: „Am Ende des Tages wird der Rat den Bürgern erklären müssen, dass für ihre Belange kein Geld mehr vorhanden ist, unter anderem auch, weil uns Rats-TV wichtiger war. Wir sind der Meinung, dass man über alle diese Dinge reden sollte, und lassen uns auch von der BA da keine Denkverbote auferlegen.“

  

Bericht: Achim Kaemmerer
Fotos/Collage: anzeiger24.de / M.R. Rony/Pixabay

 


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