Mehr Tempo 30-Zonen in Städten: Kommunen fordern größere Handlungsspielräume

Auch Hilden hat sich Initiative angeschlossen: Soll Limit jetzt auch auf Hauptstraßen gelten?

Für die einen ist es eine Maßnahme für mehr Sicherheit auf innerstädtischen Straßen. Für andere eine weitere „Bevormundung“ und „Beschränkung“ der Autofahrerinnen und Autofahrer. Und daher birgt die Forderung nach „mehr Tempo 30-Zonen“ auch jede Menge Konflikt- und Diskussionsstoff.

Einen weiteren Anschub zur Debatte gibt es nun aus der Verkehrsministerkonferenz der vergangenen Woche: „967 Kommunen haben sich bundesweit der Initiative ‚Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten‘ angeschlossen. Sie fordert mehr Handlungsspielraum bei der Anordnung von Tempo 30 in den Städten“, erklärte Oliver Krischer, NRW-Verkehrsminister und derzeit Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz (VMK).

 

Auch Hilden gehört zu diesen 967 Kommunen, bestätigt uns das Rathaus auf Nachfrage.

 

Was bedeutet das nun? Soll jetzt auch auf Hauptverkehrsstraßen Tempo 30 gelten dürfen?

 

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Wo und wann darf eine Kommune Tempo 30 anordnen?

Das Votum ist bisher nur eine Willensbekundung. Die Kommunen können bislang Tempo-30-Limit innerorts lediglich in Wohngebieten, auf Strecken mit „besonderer Gefahrenlage bzw. erhöhtem Unfall-Risiko“, rund um Schulen, Kitas, Krankenhäuser oder Alten- und Pflegeheime oder „zum Lärmschutz und zum Schutz vor Abgasen“ anordnen, erklärt das Bundesverkehrsministerium in einer Stellungnahme.

 

Genau diese Eingrenzungen wollen viele Kommunen, bzw. die Stadträte nun aufbrechen.

Das findet auch NRW-Verkehrsminister Krischer gut und richtig: „Auch die Landesregierung setzt sich im Rahmen der Novellierung der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) dafür ein, den Kommunen künftig mehr Handlungsfreiheit zur Steigerung der Verkehrssicherheit und der Aufenthaltsqualität zu gewähren. Den Straßenverkehrsbehörden soll ermöglicht werden, dass sie dort, wo sie es für notwendig erachten, in eigenem Ermessen Tempo 30 erleichtert anordnen können, insbesondere im Zuge von innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen.“

 

Die VMK habe deshalb – mehrheitlich – die Bundesregierung aufgefordert, die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften entsprechend anzupassen.

Allerdings meint Minister Krischer auch: „Natürlich soll keine Willkür herrschen, im Gegenteil, Kommunen müssen ihre Entscheidungen immer auch begründen.“

 

Und was will die Stadt Hilden?

Der Stadtrat hat im Juni 2022 mehrheitlich einen Antrag der SPD verabschiedet (bei vier Nein-Stimmen der FDP, vier Nein-Stimmen der AfD sowie einer Enthaltung der CDU).

Darin heißt es u.a.: „Wir bekennen uns zur Notwendigkeit der Mobilitäts- und Verkehrswende mit dem Ziel, die Lebensqualität in unseren Städten zu erhöhen. Wir sehen Tempo 30 für den Kraftfahrzeugverkehr auch auf Hauptverkehrsstraßen als integrierten Bestandteil eines nachhaltigen gesamtstädtischen Mobilitätskonzepts und einer Strategie zur Aufwertung der öffentlichen Räume.“

 

Diesem Ansinnen schließt sich auch die Verwaltung an: „Wenn (…) die einzelnen Kommunen mehr Spielraum für ihre eigenen Entscheidungen bekommen, kann auch die Stadt Hilden davon nur profitieren“, heißt es in der Stellungnahme zum SPD-Antrag. „Gleichzeitig ist mit einem Beitritt zu der Initiative nicht schon ein Präjudiz geschaffen, dass auch in Hilden stadtweit Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit eingeführt würde. Derartige Überlegungen können einerseits im Rahmen der Diskussionen im Laufe der Erstellung des Mobilitätskonzeptes erfolgen, sie sind andererseits auch nur dann sinnvoll, wenn die rechtlichen Grundlagen dafür geschaffen werden – und das muss auf Bundesebene geschehen.“

 

Und was sagt das Bundesverkehrsministerium (BMDV)?

Jetzt also liegt die Entscheidung beim Bund. Wie wird Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) auf diese Resolutionen reagieren?

Auf der Internetseite des Ministeriums heißt es in einer Stellungnahme vom Januar 2023: „Nicht überzeugt ist das BMDV aber von flächendeckendem Tempo 30 oder Geschwindigkeitsbeschränkungen in Durchgangsstraßen.“

 

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Allerdings hat das BMDV auch im Sommer 2023 einen Arbeitsentwurf zur Änderung der StVO vorgestellt, berichtet NRW Verkehrsminister Krischer: „Dieser sieht die erleichterte Anordnung von streckenbezogenem Tempo 30 auf kurzen Streckenabschnitten bis zu 500 Meter zwischen zwei vorhandenen Geschwindigkeitsbeschränkungen auf 30 km/h sowie im Bereich von Fußgängerüberwegen, Spielplätzen und hochfrequentierten Schulwegen vor. Der Entwurf weist in die richtige Richtung, bleibt aber deutlich hinter den Erwartungen zurück. Die Kommunen können selbst am besten beurteilen, wo Tempobeschränkungen eingerichtet werden sollen.“

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Fotos: anzeiger24.de

 


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