Zustimmung in letzter Sekunde ausgebremst – Grüne und ADFC verärgert
***Leitartikel***
Über drei Jahre lang haben die Stadtplaner im Rathaus und das Planungsbüro „stadtverkehr“ an einem Mobilitätskonzept gewerkelt, das nichts weniger als die Verkehrswende in Hilden einleiten wollte. Dabei gab es mehrere Bürgerinfoveranstaltungen und Sitzungen der Ratsmitglieder. Herausgekommen ist ein Katalog mit diversen Maßnahmen. Das Kernelement war ein nahezu generelles Tempolimit von 30 km/h auf fast allen Straßen, auch Hauptverkehrsachsen – mit ein paar wenigen Ausnahmen. Viele hat es gefreut, andere weniger. Auf der Zielgeraden aber, als der Stadtrat schließlich das Projekt auf die Schiene, bzw. Straße bringen wollte, beantragte die CDU-Fraktion die Streichung der Tempo 30-Regelung aus dem ganzen Konzept. Mit einer hauchdünnen Mehrheit wurde die Ablehnung schließlich besiegelt.
War also die ganze Arbeit umsonst?
„Geld und Engagement in die Tonne gehauen“
Entsprechend verärgert äußert sich nun der sachkundige Bürger Yorck-Peter Wolf im Namen der Grünen-Fraktion: „Der Stadtrat hat nicht nur viel Geld, sondern auch viel ehrenamtliches Engagement seiner Bürgerinnen und Bürger in die Tonne gehauen. Leider werden wir auf ein zeitgemäßes, modernes Verkehrskonzept noch lange warten müssen! Übrig bleiben ein paar kleine Maßnahmen, die man auch ohne Konzept durchführen kann. Wie kann das sein, nachdem doch alle immer beteiligt waren, alles jederzeit ändern konnten und immer wieder zugestimmt haben?“
Auch für den Hildener Ortsverein des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) ist die finale Entscheidung und die Kritik unverständlich: „Die Reisegeschwindigkeit wird mit einem Tempo 30 und einer grünen Welle auf den Hauptstraßen kaum geringer werden“, meint der Vorsitzende Stephen Seiler: „Es ist eher ein subjektiver Nachteil, den die Autofahrerenden in Kauf nehmen müssen, wenn sie langsamer fahren“.
Aus seiner Sicht hätte das Tempolimit einen positiven Effekt: „Je länger die Strecke ist, die ich mit dem Auto durch Hilden fahre, desto eher werde ich meine Gewohnheiten umstellen und die Umgehung [Ost-, Nord- und Westring ] benutzen. Damit verschwindet der Transferverkehr aus der Stadt“.
Für Seiler steht abschließend fest: „Wenn außerdem der Verkehr auf die Umgehungsstraßen umgeleitet wird, können perspektivisch mehr Menschen das Fahrrad benutzen, weil sie sich auf den Straßen sicherer fühlen. Eine Angleichung der Geschwindigkeiten fördert den Umstieg aufs Fahrrad und somit auch die vom Rat beschlossene Klimaneutralität bis 2035.“
Kritik von IHK, Kreisverwaltung und Rheinbahn
Wahr ist aber auch: Die CDU hatte bereits im Stadtentwicklungsausschuss am 28. August 2024 und auch vorher ihre Bedenken vorgetragen, fand aber keine Mehrheit. Ganz so überraschend war der Antrag in der Ratssitzung also nicht – höchstens, dass es diesmal plötzlich eine Mehrheit gab.
Neben viel Zustimmung von Nachbarstädten, dem Senioren- und Behindertenbeirat oder auch einigen Bürgervereinen gab es ebenso skeptische Stimmen von der Industrie- und Handelskammer, der Kreisverwaltung Mettmann und der Rheinbahn (hier nachzulesen). Denn die Geschwindigkeitsdrosselung hat auch gravierende Auswirkungen auf den Fahrplan der Buslinien und Menschen, die beruflich mit dem Auto unterwegs sind. Außerdem kritisierte u.a. die FDP, dass der ÖPNV ausgebaut werden sollte, wenn man mit einer solchen Maßnahme die Menschen dazu motivieren möchte, weniger Auto zu fahren.
Und auch in unserer Facebook-Community kam die Idee nicht bei allen gut an, wie man an diversen Kommentaren sehen konnte.
Wurden diese kritischen Stimmen auch ausreichend gehört und berücksichtigt?
Wie auch immer: Die Probleme sind nicht gelöst und werden sich weiter anstauen…
Bericht: Achim Kaemmerer
Foto: anzeiger24.de
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