Zoff im Jugendhilfeausschuss: ‚Bürgertreff‘ zur Kita umbauen?

Dramatische Lage bei Kinderbetreuung: Grüne und BA werfen CDU und SPD ‚Verantwortungslosigkeit‘ vor

Keine Frage: Die Lage für viele Eltern, die verzweifelt nach einem Betreuungsplatz für ihre Kleinkinder suchen, ist „dramatisch“, wie Politik und Verwaltung gleichermaßen und gebetsmühlenartig erklären.

Doch wie kann man das Dilemma lösen – wenn Räumlichkeiten und Personal knapp sind? Die Hildener Grünen sind nun vorgeprescht und haben beantragt, dass die Verwaltung den ‚Bürgertreff‘ an der Lortzingstraße im Norden „so schnell wie möglich in eine zweigruppige Kita umbauen“ möge (wir haben berichtet).

 

Nach mehreren Anläufen diskutierte nun erstmals der Jugendhilfeausschuss am 11. Mai über den Antrag. Das Ergebnis: Die Mehrheit von CDU und SPD stimmte gegen den Antrag, die FDP enthielt sich der Stimme.

 

Grüne und Bürgeraktion verärgert

Für die Grünen ein enttäuschendes Votum angesichts der aktuellen Situation vieler Eltern, beklagte sich Ratsfrau Anne Gronemeyer: „Wir müssen das Problem möglichst schnell beheben. Was gibt es da noch zu diskutieren? Die Verwaltung bettelt um eine ‚kleine Lösung‘, und Sie [also CDU und SPD] machen da nicht mit. So etwas habe ich noch nicht erlebt.“

 

 

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Auch Ludger Reffgen von der Bürgeraktion meinte: „Das ist unverantwortlich, da fällt mir nichts mehr zu ein. Wir haben bereits einen Monat vertan. Nun werden beide Augen zugemacht, es gibt keine Lösung. Man setzt auf das Prinzip Hoffnung für 2024/25.“

Man müsse auch mal „unkonventionelle Wege“ gehen, so Reffgen. So aber werde vielen Kindern „die Chance auf eine Kita-Betreuung versagt“.

 

Das bestätigten prinzipiell auch Vertreterinnen der Verwaltung, die dem Vorschlag der Grünen prinzipiell offen gegenüber steht: Es gäbe bereits „viele auffällige Kinder“, meinte Anja Voß (Leiterin Amt für Jugend, Soziale Dienste und Integration). Da müsse nicht unbedingt ein Zusammenhang zur mangelhaften Betreuungssituation bestehen. Allerdings ergänzte Stefanie Walder (Pädagogische Leitung für Kindertagesstätten und Kindertagespflege), eine Kita-Betreuung leiste auch eine „wichtige Präventionsarbeit“.

 

SPD will „langjährige Strategie“ – Umbau „Bürgertreff“ verzögere andere Projekte

Die SPD argumentiert anders: „Bei der Planung und Realisierung von neuen Betreuungsplätzen in Kindertageseinrichtungen braucht es den vollen Fokus von Verwaltung und Politik, die Maßnahmen schnellstmöglich umzusetzen“, heißt es in einem Pressestatement.

Die Hildener SPD will eine „langjährige Strategie, um Betreuungsplätze in Einrichtungen mit einer hohen Qualität zu schaffen, die den Kindern sowie dem Betreuungspersonal gerecht werden.“

 

In den vergangenen Jahren wurden durch Neubauten und Erweiterungen neun Gruppen mit 150 neuen Betreuungsplätzen in Hilden geschaffen. Zum Kindergartenjahr 2024/2025 soll die KiTa im Holterhöfchen mit fünf neuen Gruppen endlich eröffnen (was auch hätte schneller gehen können, Anm.d.Red.). Außerdem sei das so genannte „Haus des Lernens“ an der Beethovenstraße zum Kindergartenjahr 2026/2027 mit vier bis sechs Gruppen geplant.

 

Einen Umbau des „Bürgertreffs“ für zwei kurzfristige KiTa-Gruppen lehnt die SPD ab: Die Verwaltung habe die Machbarkeit schon vor der Initiative der Grünen geprüft und für umsetzbar erachtet, sagt Kimberly Bauer, fachpolitische Sprecherin der SPD im Jugendhilfeausschuss. „Doch die Ressourcen für Planung und Umsetzung in der Stadtverwaltung seien „begrenzt“. Die SPD befürchtet daher, „dass die Bauverwaltung ihre Ressourcen für den Umbau des Bürgertreffs neu priorisieren müsse, was zu Verzögerungen bei den strategischen Maßnahmen führt.“

Auch die „angespannte Personallage bei Bauunternehmen und die derzeit bekannten Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Baumaterialien“ sei ein Problem. Und eine Eröffnung der KiTa-Gruppe im „Bürgertreff“ zum Kindergartenjahren 2024/2025 sei „jetzt schon zeitlich herausfordernd“, so Bauer: „Nach den aktuellen Erfahrungen mit den Verzögerungen bei der KiTa Holterhöfchen sowie der Modernisierung des Schulstandortes Walder Straße ist die zeitliche Vorstellung der Grünen zur Realisierung des Maßnahme mehr als fraglich“.

 

„Fatalistische Entscheidung“?

Für die CDU erklärte Tristan Zeitter: Was bringen neue Gruppen, wenn das Personal fehlt? Außerdem brauche man mehr Plätze im Süden, man wolle eine „wohnortnahe Versorgung“ bieten.

Und wenn nun der „Bürgertreff“ umgebaut wird, dann werde das „Haus des Lernens“ wohl erst 2026 fertig. Und auch die CDU will nicht, dass die Location für Veranstaltungen wegfällt.

 

Yannik Hoppe von der FDP erklärte: Man solle „die Entscheidung nicht übers Knie brechen“. Die Baukosten und der zeitliche Ablauf seien nicht absehbar. Und der Umbau löse das Problem des Fachkräftemangels nicht.

 

Antragstellerin Anne Gronemeyer von den Grünen konnte dies nicht akzeptieren: Fehlende Fachkräfte, da könne man nichts machen – dies sei eine „fatalistische Einstellung“.

 

Außerdem: Feiern vs. Elterninteressen – da würden „falsche Prioritäten“ gesetzt.

Dem widersprach Kimberly Bauer von der SPD: Der „Bürgertreff“ werde nicht nur für private Feiern, sondern auch für Vereinsleben oder soziale Angebote genutzt, etwa das Eltern-Kind-Café für Menschen aus der Ukraine. „Weder die Grünen, noch die Stadtverwaltung haben eine Antwort darauf, wo diese durchaus existenziellen Angebote künftig stattfinden sollen“, sagt Kimberly Bauer. „Wir lehnen es ab, trotz der dringenden Notwendigkeit zur Schaffung neuer Betreuungskapazitäten in Aktionismus zu verfallen, der am Ende das Ziel von mehr Kitaplätzen in möglichst kurzer Zeit sogar gefährdet.“

 

Auch Michael Hirsch-Herda vom Jugendamtselternbeirat zeigte sich „enttäuscht und entsetzt“ von der Mehrheitsentscheidung: Es werde kein Problem gelöst. Viele KiTa-Gruppen seien zu groß, und das Personal deswegen gestresst. Und es werden „keine Alternativen“ aufgezeigt.

Etwa 90 Kinder seien derzeit ohne Betreuung – das seien „90 Schicksale“ bei den Familien.
In einem Offenen Brief hatte er zuvor bereits seinem Unmut Luft gemacht…

Bericht: Achim Kaemmerer
Fotos: anzeiger24.de

 


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