Zoff um Zuschüsse fürs Brauchtum: Karneval wichtiger als Schützenfest?

SPD, Grüne und Bürgeraktion lehnten Zuwendung für St. Sebastianer ab – warum?

„Ein Schlag in das Gesicht für den ältesten Verein in Hilden (gegründet 1484), der das UNESCO-Weltkulturerbe ‚Schützenbrauchtum‘ vertritt“ – so empfindet Richard Prell, Brudermeister der St. Seb. Schützenbruderschaft Hilden, das Abstimmungsverhalten von SPD, Grüne und Bürgeraktion im Finanzausschuss am 7. Dezember.

 

Zwei Brauchtumsvereine hatten Zuschüsse für ihre Aktivitäten in 2023 beantragt: Das Carnevals Comitee (CCH) bat um 14.000 Euro als Unterstützung für den Rosenmontagszug am 20. Februar. Die Schützen hätten gerne 12.000 Euro „für das Schützenbrauchtum und den Schützenumzug“ bekommen.

 

Während die meisten Ausschussmitglieder den Jecken ihren Zuschuss gewährten, lehnten SPD, Grüne und Bürgeraktion den Antrag der Schützen ab. Lediglich CDU und AfD stimmten dafür, doch deren Stimmen reichten nicht.

 

***Update***

Im Stadtrat sah die Lage wieder anders aus: Hier fand der Antrag der Schützen die erforderliche Mehrheit. 

Die Erleichterung war groß, aber der Unmut bleibt: Warum soll der eine Brauchtumsverein gegen den anderen ausgespielt werden? 

 

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Richard Prell: „Alle Mitglieder sowie der Vorstand der Schützenbruderschaft arbeiten ehrenamtlich jedes Jahr auf den Höhepunkt des Schützenbrauchtums hin. Das Schützenfest mit seiner Kirmes hat eine große Vielfalt an Angeboten für jede Altersgruppe. Somit wird die Attraktivität der Hildener Innenstadt gesteigert. Aber anscheinend tragen einige Ratsfraktionen dieses gesellschaftliche Ereignis in Hilden nicht mit. Somit kann der älteste Verein auf einen Rückhalt der Stadt Hilden (vertreten durch den Rat) nicht mehr hoffen.“

 

Warum wurde der Antrag der Schützen abgelehnt?
Wir haben nachgefragt.

 

SPD: Antrag der Schützen war „zu allgemein“ formuliert

Für die SPD erklärt uns Ratsherr Kevin Buchner, die Entscheidung habe nichts mit einer Abneigung gegenüber dem Schützenwesen zu tun, sondern: „Aus dem Antrag ging nicht genau hervor, wofür der Zuschuss verwendet werden soll.“ Die Formulierung „für das Sommerbrauchtum“ sei „zu allgemein“ gewesen.

„Wir möchten gerne wissen: Was hat die Bruderschaft selbst unternommen, damit Einnahmen gesteigert und Ausgaben vermindert werden“, sagt Kevin Buchner. „Es wird alles teurer. Aber die Stadt kann nicht für alles einspringen. Immerhin verwalten wir Steuergelder.“

 

Die Karnevalisten vom CCH dagegen hätten ihren Bedarf genauer erläutert. Daher fand deren Antrag auch die Zustimmung der SPD.

 

Bürgeraktion pocht auf Haushaltskonsolidierung

Ludger Reffgen von der Bürgeraktion brachte nach unserer Anfrage gleich eine Pressemitteilung heraus. Die Fraktion hatte beide Anträge abgelehnt. „In der ‚fünften Jahreszeit‘ spielt Haushaltskonsolidierung für die Ratsmehrheit, angeführt von CDU, SPD und AfD, keine Rolle mehr“, so kommentiert Reffgen die „großzügige Aufstockung“ für die Brauchtumsveranstaltungen der Karnevalisten und Schützen. „Im vergangenen Jahr hat die gleiche Ratsmehrheit einen Sparbeschluss gefasst.“

 

Während die Schützen leer ausgegangen sind, hätten die Fraktionen „bei den Karnevalszuschüssen ihre Vorsätze über Bord geworfen“, so Reffgen. Ähnliches „blühe“ voraussichtlich den Schützen bei der finalen Ratssitzung am heutigen 13. Dezember, „obgleich deren Wünsche zum Durchmarsch vorbereitend zunächst einmal nur von CDU und AfD durchgewunken wurden“.

 

Der Ratsherr der Bürgeraktion bedauert, „dass sich damit erneut abzeichne, mit welch unterschiedlichen Zufalls-Maßstäben städtische Zuschüsse für Kultur- und Brauchtumsveranstaltungen in Hilden verteilt werden. Auf Dauer ist dieser von Missgunst und Zerfleischung bei vielen Beteiligten geprägte Zustand unerträglich.“

Es müsse eine Gesamtlösung geben, die „alle Interessen ausgewogen einbeziehe“.

 

Grüne: Zuschuss für Schützen, aber nicht für die Jazztage?

Klaus-Dieter Bartel (Bündnis 90/Die Grünen) erklärt uns seine Beweggründe für die Ablehnung: Es sei nicht einzusehen, warum der Zuschuss für die Jazztage von 40.000 Euro auf 15.000 Euro gekürzt werde, aber die Schützen aus dem Stehgreif 12.000 Euro bekommen sollen. Die Grünen haben daher für den Zuschuss an das CCH gestimmt, weil die Karnevalisten die Jahre zuvor auch Kürzungen verkraften mussten. Die Schützen hätten außerdem die Möglichkeit, aus anderen Töpfen Zuschüsse zu erhalten.  

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Fotos/Collage: Archiv anzeiger24.de / N.Verlaan/Pixabay

 


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