Stadtmarketing will sich neu aufstellen. Doch das ist leichter gesagt als getan

GmbH soll ‚geparkt‘ werden – Vereinsmitglieder haben viele Fragen: ‚Kein Persilschein für die Stadt“

Rückblick 2005: Fünf Jahre zuvor wurde ein Stadtmarketing e.V. gegründet, um „die Anziehungskraft des Standortes Hilden, die Lebensqualität und die Besucherfrequenz zu steigern und auszubauen, die Wirtschaftskraft und das Kulturleben nachhaltig zu verbessern“ (so steht es auf der Internetseite). 

Dann kamen der Vorstand und die Stadtverwaltung auf die Idee, zusätzlich eine GmbH zu gründen, um die Aktivitäten professioneller zu gestalten. 

Im Sinne einer „Privat-Public-Partnership“ sind an dieser Stadtmarketing Hilden GmbH die Stadt mit 51 % und der Verein mit 49 % beteiligt.

 

Inzwischen hat sich herausgestellt: Dieses kuriose Geflecht von Stadtmarketing e.V. und Stadtmarketing GmbH, das viele Mitglieder nicht ernsthaft durchschaut oder gar hinterfragt haben, funktioniert nicht mehr so wirklich und ist viel zu teuer und defizitär (Erläuterung hier). Da sind sich Geschäftsführer Volker Hillebrand, der Aufsichtsrat, der Vereinsvorstand und Bürgermeister Claus Pommer einig.

Also haben sie sich ein neues Konzept ausgedacht.

 

Doch da haben die Mitglieder des e.V. und die Politik noch ein Wörtchen mitzureden.

Am Montagabend, 12. Juni 2023, waren zunächst die Mitglieder gefragt. Bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung wurde den Anwesenden der Vorschlag für die Weichenstellung präsentiert [Anm.d.Red.: Eigentlich gab es ja bereits am 23. Mai eine reguläre Versammlung. Doch da sind nur sehr wenige Mitglieder erschienen – wahrscheinlich auch, weil der Vorstand im Vorfeld nicht intensiv genug kommuniziert hat, welch wichtige Entscheidung zu treffen ist].

 

So richtig überzeugt waren die, die gekommen waren, aber noch nicht.

Warum?

 

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Was soll sich ändern?

Die operative Arbeit der Stadtmarketing Hilden GmbH („City-Management“, „Veranstaltungen“ und „Öffentlichkeitsarbeit“) soll von der städtischen Wirtschaftsförderung übernommen werden. Hierfür werden insgesamt ca. zwei neue Stellen geschaffen.

Die Stelle von Volker Hillebrand wird aufgelöst, er kann sich aber auf eine der beiden neuen Stellen bewerben.

 

Die Stadtmarketing Hilden GmbH soll als „leere Hülle“, wie es die Stadt ausdrückt, wegen einer möglichen Steuerproblematik weiter bestehen bleiben.

 

Was nun wichtig für den Verein ist: Der Stadtmarketing Hilden e.V. soll zukünftig eigenständig agieren, d.h. auch die Einnahmen aus den Mitgliedsbeiträgen selbst verwalten.

Die Mitgliederversammlung kann dann Projekte und Marketingaktionen aus dem Beitragsbudget planen und finanzieren – ggf. mit Unterstützung des bei der Stadt neu angesiedelten Citymanagements.

 

Was sagen nun die Mitglieder?

Klingt erstmal so schön klar und einfach – ist es für viele Mitglieder aber nicht. Denn der Teufel steckt im Detail.

Was bedeutet das nun wirklich für den Verein, zum Beispiel juristisch? Was ist mit Haftungsfragen? Denn wenn die GmbH „als Hülle“ bestehen bleibt, ist der e.V. ja weiterhin noch daran beteiligt. Die Mitglieder verlangen daher, dass sie von sämtlichen damit verbundenen Risiken befreit werden.

 

Was passiert mit Vermögenswerten aus der bisherigen Gemengelage aus e.V. und GmbH?

Kann die Stadt, bzw. der Stadtrat über den Verein hinweg Entscheidungen treffen?

 

Einige Anwesende haben einen Stand beim Winterdorf, das bisher von der GmbH betrieben wurde: Was kommt da nun auf sie zu? Explodieren die Kosten, wenn die Stadt nun Ausrichter ist? Das gilt auch für andere Events – so mancher Veranstalter bangt da um seine Existenz.

Auf Versprechungen der Verwaltung wollen sie sich nicht verlassen.

 

Was ebenfalls verwirrte: In der Mitgliederinformation heißt es: „Künftig berät und entscheidet die Mitgliederversammlung (und nicht mehr der Aufsichtsrat!), welche Projekte und Marketingaktionen aus dem Beitragsbudget finanziert werden sollen. Mit diesem Votum verhandelt der Vorstand dann die Umsetzung dieser Maßnahmen mit dem städtischen City-Management und kann hier ggf. auch Zielvorgaben vereinbaren.“

Bedeutet das nun: Der Verein kann nur Veranstaltungen durchführen, die mit dem Citymanagement abgestimmt sind?

Nein, erklärte Christian Schwenger von der Wirtschaftsförderung, gleichzeitig Mitglied des Stadtmarketing Vereinsvorstands: Der Verein kann mit dem Citymanagement kooperieren, oder auch mit einem anderen Anbieter. Das klingt schon wieder anders.

 

Dennoch ist vielen Mitgliedern die Abstimmungsvorage zu schwammig: „Wenn wir das jetzt so beschließen, stellen wir der Stadt einen Persilschein aus und keiner weiß, wohin die Reise geht“, brachte es der Veranstalter Bastian Mey auf den Punkt.

 

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Am Ende einigten sich die Mitglieder mehrheitlich, bei zwei Enthaltungen, auf diese Vorgehensweise: Der Vorstand soll mit der Stadt über den weiteren Prozess „im Sinne des Vereins weiterverhandeln“. Dabei sollen Berater mit entsprechendem Sachverstand (juristisch, steuerrechtlich etc.) mit entsandt werden.

Die Ergebnisse sollen im Herbst erneut auf einer Mitgliederversammlung zur Abstimmung gestellt werden.

Außerdem soll die Vereinssatzung überarbeitet werden.

 

Was sagt die Politik?

Dies wird die nächste spannende Frage: Was hält eigentlich die Politik von dieser Reform? Zunächst berät der Ausschuss für Finanzen und Beteiligungen am 14. Juni 2023 über das Vorhaben.

 

***Update***

Der Finanzausschuss hat am 14. Juni dem Plan der Verwaltung mehrheitlich zugestimmt. Nur die SPD-Fraktion votierte dagegen, weil es für sie „nicht ganz ersichtlich ist, wie die Ziele erreicht werden“ sollen, so Ratsherr Dominik Stöter. 

Das letzte Wort hat der Stadtrat in der Sitzung vor der Sommerpause am 21. Juni 2023.

Bei Zustimmung aller Gremien soll am 1. Januar 2024 das neue System starten.

 

Das Problem: Kleine GmbH – zu hohe Kosten – Verlust für die Stadt

Zweck der GmbH sollte es sein, die Stadt und das Image zu verbessern, Veranstaltungen durchzuführen, Tourismus zu fördern und Flächenmanagement zu betreiben.

Gesellschafter des Unternehmens Stadtmarketing GmbH sind der e.V. mit 49% und die Stadt Hilden mit 51% Geschäftsanteilen.

 

Wie finanziert sich die GmbH?

Die GmbH erhielt in den ersten 17 Jahren 250.000 Euro/Jahr von der Stadt und 60.000 Euro/Jahr vom e.V. in den Anfangsjahren.

Im Prinzip hat der Verein eigentlich nur die Beiträge der Mitglieder eingesammelt und an das Unternehmen Stadtmarketing weitergereicht – das haben die meisten Mitglieder offenbar nie moniert.

 

Weil aber die Zahl der Mitglieder sank, bzw. der „zahlungskräftigen“ Mitglieder (z.B. Zeitungsverlage) abnahm, musste der Verein seine jährliche Unterstützung auf 35.000 Euro reduzieren.

Wegen der Haushaltsnotlage und Unzufriedenheit mit der Arbeit der GmbH hat die Stadt Hilden im Jahr 2022 ihren Beitrag um 50.000 Euro auf 200.000 Euro gesenkt. Außerdem entfiel eine Vollzeitstelle. Seitdem gibt es nur noch den Geschäftsführer Volker Hillebrand sowie eine Teilzeitkraft und einige freie Aushilfen.

 

Die Stadtmarketing Hilden GmbH ist somit ein sehr kleines Unternehmen, wird aber steuer- und prüfungsrechtlich wie eine große Kapitalgesellschaft behandelt (nach §108 Gemeindeordnung NRW).

 

Hinzu kommen Steuerberatung, Abschlussprüfung/Wirtschaftsprüfer, spezielle Versicherungen usw. und damit jährliche Kosten von ca. 12.000 bis 15.000 Euro.

Zusammen mit einigen Zuschüssen und einem 15-köpfigen Aufsichtsrat stellt die GmbH ein „Dauerverlustgesellschaft“ und ein „grundsätzliches steuerrechtliches Risiko (Stichwort: verdeckte Gewinnausschüttung)“ für die Stadt dar, heißt es bei der Verwaltung.

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Bericht: Achim Kaemmerer
Foto: anzeiger24.de/Pixabay

 


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