Streit um Familienentlastung: Jetzt bekommt die SPD den Gegenwind

Kritik am Bürgermeister wird kritisiert

„Ich bin mit meinem Wunsch, Familien zu entlasten, in die Offensive gegangen, um eine entsprechende Diskussion ins Rollen zu bringen“, so  begründete Bürgermeister Claus Pommer sein Vorpreschen in der vergangenen Woche.

Das ist ihm wohlgelungen: Über seinen überraschenden Vorschlag, dass der Geldsegen aus dem Haushaltsüberschuss für bessere Kita-Ausstattungen verwendet werden soll (der weder mit der Verwaltung noch mit Ratsmitgliedern abgestimmt war), wird unter den Fraktionen inzwischen heftig gestritten. Es gibt Zuspruch, aber auch Kritik.

Nach den ersten Statements gibt es nun eine zweite Runde.

 

Denn da bekommt die SPD heftigen Gegenwind.

 

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Die Ratsherren Kevin Buchner und Dominik Stöter monierten u.a., dass Bürgermeister Pommer mit seinem Alleingang die Verwaltung überrumpelt habe, dass die Umsetzung ungeklärt sei, dass zu hohe Erwartungen geweckt worden seien, dass erst einmal der Haushalt konsolidiert werden solle und überhaupt, dass dem Verwaltungschef jegliche Erfahrung und Führungsstärke fehle.
Das ganze Statement gibt es ➤ hier zum nachlesen.

 

Jugendamtselternbeirat: Werden familienfreundliche Initiative wegen der Haushaltslage „im Keim erstickt“?

Das wiederum findet der Jugendamtselternbeirat nicht in Ordnung.

So heißt es in einem „Antwortschreiben“ an die SPD:
(gekürzte Version, das komplette Statement gibt es ➤ hier zum nachlesen):

„(…) Mit Ihrer Argumentation [, dass die Verwaltung bereits am Limit agiere,] brauchen weder wir noch die Parteien künftig Anträge und Ideen in die Gremien der Stadt einbringen, da alles über das Maß der Sachbearbeitung hinaus eine unzumutbare Mehrarbeit darstellen würde.

(…) Da Sie selbst den von Dr. Pommer zur Entlastung der Verwaltung vorgelegten zusätzlichen Stellenplan gemeinsam mit der CDU Fraktion blockieren, fragt sich die Elternschaft: Welchen Lösungsansatz bieten Sie?

(…) Dem JAEB entsteht zunehmend der Eindruck, jegliche familienfreundliche Initiative werde von Ihnen mit dem Hinweis auf die angeblich desolate Haushaltslage der Stadt im Keim erstickt. Wir stellen uns ganz nebenbei bemerkt auch die Frage, ob die SPD nicht einen erheblichen Anteil an dieser Haushaltslage hat, da bis vor Herrn Pommer 20 Jahre lang der/die Bürgermeister/in von der SPD gestellt wurde.

(…) Wir sind gespannt, wie genau Sie in die Zukunft unserer Stadt investieren wollen. Wir sehen großen Bedarf im Elementarbereich und begrüßen Ihre Initiative, die Personalförderung zumindest zu diskutieren. Eine Investition in die Bildungsqualität und den Bildungsstandort Hilden darf aber nicht gleichzeitig eine Absage an die Entlastung für junge Familien bedeuten.

Wenn eine Entlastung von Familien und Kindern, gerade in einer Zeit, die von mehr als finanziellen Unsicherheiten geprägt ist, von Ihnen nicht als Investition in die Zukunft angesehen wird, was dann? (…)“

 

Der JAEB fordert außerdem die Einführung eines Kennzahlensystems im Elementarbereich.

Einen entsprechenden  Antrag steht im Jugendhilfeausschuss am 12. Mai auf der Tagesordnung.

Für die Elternvertretung ist diese Initiative nicht nur „dringend notwendig“, sondern auch beispielhaft für das Problem der „überlasteten Verwaltung“: „Der Einführung eines Kennzahlensystems würde im Vorfeld eine Absage erteilt, obwohl eine übersichtliche Darstellung von Ausfallzeiten und anderen Qualitätsparametern im KiTa-Betrieb (…) obligatorisch sein muss. Wir und Sie könnten die Aufgaben, mit denen die (…) Eltern uns vertrauensvoll beauftragt haben, schlicht nicht mehr erfüllen. Eine Verwaltung, die nicht mehr belastet werden darf, ist schlicht dysfunktional.“

 

Bürgeraktion zu SPD: „Maulkorb für Pommer?“

Ludger Reffgen, Fraktionsvorsitzender der Bürgeraktion Hilden, reagiert ebenfalls auf die Kritik der SPD (Statement gekürzt):

„(…) Die Vorwürfe sind gespickt mit persönlichen Angriffen, enthalten jedoch keinen einzigen konstruktiven Vorschlag zur Sache. Die SPD gibt damit zu erkennen, dass ihr die Auseinandersetzung mit dem Bürgermeister weitaus wichtiger ist, als eine lösungsorientierte Politik zum Nutzen der Bevölkerung.

Offenbar möchten die Sozialdemokraten Bürgermeister Claus Pommer daran hindern, Ideen zu äußern und Versprechen einzulösen. Will die SPD dem Bürgermeister einen Maulkorb verpassen?

 

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Wenn die SPD dagegen ist, Familien – angesichts der sich bereits seit Herbst vergangenen Jahres anbahnenden positiven Entwicklung der städtischen Finanzen – zu entlasten, sollte sie das offen sagen. Dann müssen wir im Rat darüber sprechen. Natürlich kann eine Ratsmehrheit um die SPD im Stadtparlament anders entscheiden, als der Bürgermeister es vorschlägt. Das ist dann gelebte Demokratie und spiegelt letztlich den Wählerwillen wider.

Die SPD irrt jedoch, wenn sie der Meinung ist, der Bürgermeister habe sich als Verwaltungschef selbst um die Ausführung seiner Ideen zu kümmern. Dafür hat er einen Verwaltungsapparat mit teuer bezahltem Fachpersonal.

Scheinheilig ist der Vorwurf der Sozialdemokraten, (…) auf Überlastung und personelle Engpässe in der Verwaltung zu verweisen, gleichzeitig aber immer wieder dem Bürgermeister eine ausreichende Personalausstattung zu verweigern.

Pommers Vorstoß zielt darauf, Familien mit Kindern zu entlasten. Das ist im besten Wortsinn eine ‚Zukunftsinvestition‘.“

 

Die Haushaltslage sei im übrigen nicht so prekär wie immer dargestellt, meint Reffgen. Das hat er bereits in seinem ➤ ersten Statement zur Diskussion um den Bürgermeister-Vorschlag betont.

Dazu ergänzt Ludger Reffgen: „Hohe Abweichungen zwischen negativen Planzahlen und den (…) positiven Jahresergebnissen sind ein Indiz für ungenügende Schätzungen und eklatante Planungsfehler.“

 

Was nun?

Eigentlich wollte Bürgermeister Pommer ja mit seinem Vorstoß bezwecken, dass „Gespräche innerhalb von Politik und Verwaltung stattfinden, um gemeinsam den bestmöglichen Weg zu finden, um dieses Ziel zu erreichen“.

Ob das bei diesem Verlauf der Diskussion tatsächlich machbar ist…?

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Foto: rkit/mohamed_hassan / Pixabay

 


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