Vereinsamte Sternwarte aus Hilden: Wiederaufbau im Freilichtmuseum Kommern

100 Jahre altes Konstrukt samt Teleskop wird versetzt und restauriert

Was viele Menschen aus Hilden vielleicht nicht wissen: Im Hinterhof der ehemaligen „Höheren Privat-Knabenschule“ an der Kolpingstraße schlummert ein stadthistorisches Bauwerk einsam vor sich hin. Der Direktor und Leiter des Pensionats, Friedrich Röttger, hat hier vor rund 100 Jahren eine kleine Sternwarte für seine Elite-Schüler erbaut und betreiben.

Das Konstrukt ist bis heute erhalten, allerdings etwas verlottert. Nun hat das LVR-Freilichtmuseum Kommern das Zeitzeugnis aus Holz und Stahl entdeckt und ein ehrgeiziges Projekt in Angriff genommen: „Wir werden das Gebäude samt Teleskop Stück für Stück abbauen, restaurieren und auf unserem Gelände wieder aufbauen“, sagt Museumsleiter Dr. Carsten Vorwig.

Translozierung nennt man dieses Vorgehen – also das Versetzen eines Bauwerks von einem Ort zum anderen. Am Donnerstag, 27. Oktober, sind die Handwerker des Museums angerückt und haben mit der Demontage begonnen.

 

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Die Historie

Friedrich Röttger hat die Sternwarte am 8. August 1920 eingeweiht. Damals bestand Hilden noch zum größten Teil aus Acker, die Kolpingstraße war bereits die Stadtgrenze, und es gab nur sehr wenige Häuser. So war eine freie Sicht in den Himmel möglich.

Seit dem Tod Röttgers im Jahr 1962 wurde die Einrichtung nicht mehr betrieben. Inzwischen ist eine dichte Wohnsiedlung drumherum entstanden.

 

„Besonders spannend ist die Kuppel über dem 15-eckigen Gebäude“, sagt Freilichtmuseumsleiter Vorwig. „Sie lässt sich um 360 Grad drehen und per Zahnrad bis über den Zenit öffnen.“

 

Das Herzstück der Anlage ist das Teleskop (Refraktor), das von der damaligen renommierten Werkstatt Gustav Heyde in Dresden angefertigt wurde. Mit einer Brennweite von 307 Zentimetern und einer Objektivöffnung von 19 Zentimetern auf einer vier Meter hohen Anlage konnte man damals die Jupitermonde und Saturnringe beobachten. „Auch die Okulare, Plattenkameras und astronomischen Messinstrumente sind erhalten geblieben“, sagt Museums-Hausforscher Raphael Thörmer. Sie lagerten über die Jahrzehnte hinweg in einem alten Wandschrank.

 

Die Restauration

Nun gilt es also, die Überbleibsel aufzubereiten und neu aufzubauen. „Wir haben erfahrene Handwerker, einen Architekten und eine Restauratorin“, erklärt uns Museums-Pressesprecher Daniel Manner. „Für die ist das normales Tagesgeschäft.“ Aber natürlich ist jedes Objekt für sie spannend, weil es eine neue Geschichte erzählt. „Und wir haben reichlich Archivmaterial, teilweise von einer alten beteiligten Firma, die es immer noch gibt“, ergänzt Daniel Manner.

 

Wenn es dem Team also gelingt, alles originalgetreu wieder herzurichten, würde sich für Museumsleiter Vorwig „ein Traum erfüllen“, denn: „Dann könnten wir unser breites Vermittlungsangebot um einen spannenden Baustein erweitern und unseren Museumsgästen den Sternenhimmel mit einem historischen Teleskop näherbringen.“

 

Nach der jetzigen Planung soll die translozierte Sternwarte im Sommer 2024 auf dem Gelände des Freilichtmuseums Kommern eröffnet werden.

 

Bericht/Fotos: Achim Kaemmerer
Historische Fotos: Stadtarchiv Hilden

 


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