Ex-Bürgermeisterin und Aktivistin plant Tour durch Europa: Mit Worten gegen die Taliban kämpfen
Schon in jungen Jahren war sie politisch interessiert. Doch die Bildung dafür musste sie sich heimlich aneignen. Sogar die Bücher musste sie unter dem Teppich verstecken. Dennoch hat es Zarifa Gharafi weit geschafft: Mit Anfang 20 wurde sie zur Aktivistin für Frauenrechte in Afghanistan. Bisheriger Höhepunkt dieser Laufbahn: In Maidan Shahr, in der Nähe von Kabul, war die 28-Jährige ab 2019 die jüngste Bürgermeisterin des Landes – bis das Fiasko begann und der Westen doch noch an der Macht der Taliban scheiterte.
Doch sie hatte Glück: Sie erhielt als afghanische Ortskraft ein Visum von der deutschen Regierung. Als Wunschziel nannte sie: Hilden. Denn dort hat sie noch Familie. Nachdem die Staatskanzlei die Stadtverwaltung kontaktiert hatte, empfing Bürgermeister Claus Pommer nun seine Amtskollegin (Foto oben), die aus ihrer Stadt und ihrem Land fliehen musste.
Ihre Waffe sind die Medien
Nun genießt sie den anerkannten Flüchtlings-Status. Das bedeutet u.a.: Sie darf und will weiterhin politisch aktiv bleiben und vom Exil aus für die Rechte der Frauen in ihrer Heimat kämpfen.
Sie wolle in einer kleineren Stadt unterkommen, wo es viel Natur gibt, bekennt sie bei einem Pressegespräch im Rathaus (auf Englisch). Allzu viel Zeit wird sie jedoch nicht dafür haben, denn ihr Kalender ist voll mit Terminen. Zarifa Gharafi wird durch Europa reisen, mit Radio- und Fernsehstationen und Frauenrechts-Organisationen über die Situation in Afghanistan sprechen. Denn trotz des vorläufigen Sieges der Taliban hat sie den Kampf nicht aufgegeben. Ihre Waffen sollen jedoch nicht Gewehre und Panzerfäuste, sondern die Sozialen Medien sein.
Gegen Männerdomäne durchgesetzt
Islamisten, Taliban, Mafia – gegen viele Männerdomänen musste sich Zarifa Gharafi beweisen. Und wenn sie über ihre Hürden berichtet, spricht sie so, als sei dies völlig normal.
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Einige Erfolge konnte sie dabei auch erzielen: Zum Beispiel waren sechs Frauen in ihrem Büro beschäftigt. Sie ermöglichte einen Markt, auf dem nur Frauen nach Herzenslust einkaufen können. Außerdem habe sie auch andere Frauen ermuntern können, sich nicht unterkriegen zu lassen.
Dafür musste sie aber viele hohe Preise zahlen. Zum Beispiel wurde ihr Vater ermordet. Und sie selber erhielt natürlich auch mehrfach Morddrohungen.
Dabei ginge es ihr nicht darum, Männer zu verdrängen. Darum sei sie sogar bereit, eines Tages nach Afghanistan zurück zu kehren und mit den Taliban über Frauenrechte zu sprechen: Sie müssten verstehen, was die Frauen wollen. Sie müssten akzeptieren, dass Frauen Recht auf Bildung haben. Und dass sie die Frauen brauchen, um das Land zu regieren. Ob und wann das gelingt? Sie klingt dabei entschlossen und couragiert.
Die 20 Jahre sollen nicht umsonst gewesen sein – trotz des unrühmlichen Versagens der westlichen Regierungen.
Verstecken will sie sich dabei nicht. Sie vertraut auf die Sicherheitskräfte in Deutschland.
Text/Foto: Achim Kaemmerer
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