Weniger Verdienst – mehr Steuern zahlen: Keine Änderung bei Kurzarbeit

Warum so viele Steuerzahlende nachträglich zur Kasse gebeten werden

Die Kurzarbeit hat in der Corona-Krise sicherlich viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor der Arbeitslosigkeit bewahrt. Doch es gibt auch eine Schattenseite. Und die offenbarte sich erstmals im vergangenen Jahr, als die Kurzarbeitenden ihren Steuerbescheid für 2020 erhalten haben: Wegen des „Progressionsvorbehalts“ kann Kurzarbeitergeld zu Steuersatzerhöhungen führen. Und dann müssen Betroffene nachzahlen (und sie sind im übrigen dazu verpflichtet, eine Steuererklärung einzureichen).

 

Darüber haben wir bereits vor rund einem Jahr berichtet; geändert hat sich an der Regelung allerdings nichts:

 

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Bund der Steuerzahler hatte Ausnahme gefordert

Hans-Ulrich Liebern, Leiter der Steuerabteilung beim Bund der Steuerzahler NRW, erklärte uns damals auf Anfrage: „Kurzarbeitergeld unterliegt ebenso wie das Arbeitslosengeld I oder das Krankengeld als steuerfreie Ersatzleistung dem Progressionsvorbehalt. Leider ist die Bundesregierung der Forderung den Progressionsvorbehalt für das Kurzarbeitergeld in den Corona-Jahren 2020 und 2021 vom Progressionsvorbehalt auszunehmen nicht nachgekommen.“ 

 

Auf eine aktuelle Nachfrage bestätigte uns Hans-Ulrich Liebern: „Auch für das Steuerjahr 2021 gelten die gleichen Regeln beim Kurzarbeitergeld.“

Mehr Details erläutert (mit Rechenbeispiel) ein Steuerberater aus Hilden.

 

Was sagt das Bundesfinanzministerium?

Wir hatten vor einem Jahr auch beim Bundesfinanzministerium nachgefragt: Warum gab es keine Möglichkeit, in diesem Falle eine Sonderregelung für Kurzarbeitende zu finden?

Das Bundesfinanzministerium hatte uns darauf geantwortet (etwas verschachtelt, wie haben versucht es zu vereinfachen): „Das Prinzip der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Artikel 3 Grundgesetz; Gleichheitssatz) gebietet einen Vergleich der Beschäftigten, die während der Corona-Krise Kurzarbeitergeld (KUG) bezogen haben, mit Arbeitnehmern, die kein KUG bezogen haben, sowie mit Personen, die Lohnersatzleistungen bezogen haben (z.B. Arbeitslosen-, Kranken-, Mutterschaftsgeld oder Verdienstausfallentschädigung). Gerade Beschäftigte in den systemrelevanten Berufen (z.B. auf COVID-Intensivstationen oder in Pflegeeinrichtungen), die ihre Arbeitslöhne und ggf. Überstundenvergütungen in voller Höhe versteuern und verbeitragen müssen, würden bei Aussetzen des Progressionsvorbehalts für das KUG deutlich benachteiligt. Bei einem gleich hohen Bruttobetrag müssten sie eine wesentlich höhere Steuer- und auch Sozialversicherungslast tragen als ein Bezieher von Arbeitslohn und KUG. Zwar steigt mit der Dauer der Kurzarbeit aufgrund des insgesamt höheren KUG die Wirkung des Progressionsvorbehalts, gleichzeitig sinkt aber die insgesamt festzusetzende Einkommensteuer.“

 

Außerdem würden „besserverdienende Arbeitnehmer mit KUG-Bezügen und höheren (progressiven) Steuersatz von einer Ausnahmeregelung überproportional stark profitieren“, so die damalige Auskunft.

 

Auch hänge die Steuernachzahlung aus dem Bezug von KUG von vielen „individuellen Verhältnissen“ ab, etwa der Steuerklasse (alleinstehend, verheiratet), der Lohnsteuerabzüge „vor Corona“ oder abziehbaren Altersvorsorgeaufwendungen.

 

Eine gesetzliche Ausnahmeregelung hätte „unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten sorgfältig geprüft werden“ müssen. Im Deutschen Bundestag habe es keine Mehrheit gegeben, den Progressionsvorbehalt bei Bezug von KUG auszusetzen.  

 

Neue Regierung, alte Regel

Nun, seitdem gab es einen Wechsel in der Regierungs-Verantwortung: der damalige Bundesfinanzminister Olaf Scholz ist jetzt Bundeskanzler; den Posten des Sozialdemokraten hat der FDP-Vorsitzende Christian Lindner übernommen. Als der Ukraine-Krieg ausgebrochen ist, hat die Ampel-Koalition ein Entlastungs-Paket mit einigen Vergünstigungen und Zuzahlungen beschlossen. Mit der nächsten Steuererklärung werden Menschen in Kurzarbeit aber wiederum, bzw. weiterhin zur Kasse gebeten

 

Was können Betroffene nun machen? Hans-Ulrich Liebern vom Bund der Steuerzahler empfiehkt bestenfalls: „Sollte es aufgrund der Berücksichtigung des Kurzarbeitergeldes zu Steuernachzahlungen kommen, so appellieren wir an die Finanzverwaltung großzügige Ratenzahlungen zuzulassen.“

 

Text: Achim Kaemmerer

Fotos: Pixabay / Collage: anzeiger24.de

 


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