Zwei neue Stolpersteine bringen Familie Kaufmann in Gedanken wieder zusammen

In Erinnerung an NSDAP-Opfer: Mutter wurde getötet, Söhne mussten fliehen

Das wissen vielleicht manche Einwohnerinnen und Einwohner von heute nicht: Gemessen an der damaligen Bevölkerungszahl war Hilden während der Zeit des Nationalsozialismus die Stadt, in der die meisten Menschen durch das NSDAP-Regime ermordet oder in den Tod gedrängt worden sind. Entsprechend erinnern auch zahlreiche „Stolpersteine“ an die Opfer der Gräueltaten. Am 4. April 2024 sind zwei weitere Gedenksteine hinzugekommen: Sie erinnern an Carl und Werner Kaufmann, die einst im Haus Hagedorn gelebt haben – damals Benrather Straße 1, heute Fritz-Gressard-Platz, am Zugang zum Stadtpark.

 

Die Familiengeschichte

Die Kaufmanns waren zu Beginn de 20. Jahrhunderts eine angesehene jüdische Familie: Aus der Ehe von Salomon Kaufmann und Erna Löwenstein gingen die Söhne Carl (geb. 1908) und Werner (1913) hervor.

Carl heiratete 1936 Lotte Brandenstein – heimlich bei ihrem Rabbi, denn öffentliche jüdische Feiern waren nicht mehr ohne Repressalien möglich.

 

Zusammen mit Bruder Werner beschlossen sie 1938, in die USA zu emigrieren – Carl hatte Hitlers „Mein Kampf“ gelesen und so eine grausige Vorstellung von dem bekommen, was seiner Familie passieren kann. Diese mutige Entscheidung hat ihnen das Leben gerettet.

 

Erna Kaufmann jedoch blieb in Hilden – und das wurde ihr zum Verhängnis. Im Dezember 1938 entschied der Hildener Stadtrat, dass die Stadt das Haus und Grundstück beschlagnahmen. Daraufhin siedelte Erna zu ihrem Bruder nach Amsterdam über. Nachdem die deutschen Truppen aber 1940 dort aufmarschierten, versuchte sie vergeblich, in die USA zu fliehen. Jedoch wurde sie aufgegriffen, ins Konzentrationslager Sobibor deportiert und ermordet.

Derweil baute Carl Kaufmann in den Vereinigten Staaten ein Großhandelsgeschäft auf und lebte dort bis zu seinem Tod im April 1989.

 

Stolpersteine auch für geflüchtete Opfer

Für Erna Kaufmann wurde bereits vor vielen Jahren ein Stolperstein am Fritz-Gressard-Platz verlegt. Nun wurde er um die Erinnerungsmahnmale ihrer beiden Söhne Carl und Werner ergänzt.

Der Arbeitskreis „Stolpersteine“ in Hilden hat beschlossen, dass nicht nur die getöteten Opfer gewürdigt werden sollen, sondern auch die Menschen, die aus dem „Dritten Reich“ vertrieben wurden, bzw. fliehen mussten.

 

„Es heißt: ‚Ein Mensch wird erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist‘“, sagte Bürgermeister Claus Pommer bei der Einweihung. „Mit der Verlegung und Zusammenlegung der Stolpersteine für Erna, Carl und Werner Kaufmann möchten wir ein Stück dazu beitragen, dass die Menschen und die damit verbundenen Schicksale nicht vergessen werden. Und wir bringen die Familie zumindest in unseren Gedanken wieder zusammen.“

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Fotos: anzeiger24.de