Chaos im Gesundheitsamt: Jetzt spricht Landrat Hendele

In seiner Haushaltsrede nahm der Chef der Kreisverwaltung Stellung zur heftigen Kritik

Verspätete Quarantäne-Anordnungen, schlechte Kommunikation, veraltete Technik mit vielen Ausfällen – das Kreisgesundheitsamt musste in den lokalen und Sozialen Medien viel Kritik und Häme einstecken (auch bei uns). ➤ Zuletzt beklagte sich der Kreistags-Abgeordnete Thomas Küppers von den PIRATEN über die Zustände, was ➤ Landrat Thomas Hendele kurz darauf dementierte. Man konnte den Eindruck bekommen, er wolle die Probleme einfach beiseite wischen.

 

Nun ist der Chef der Kreisverwaltung aber deutlich geworden. In seiner Haushaltsrede bei der Kreistagssitzung am vergangenen Donnerstag, 7. Oktober, erklärte er seine Sicht der Dinge.

 

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Wir haben die wichtigsten Aussagen einmal zusammengefasst:

 

„Verwaltung in der Pandemie sieben Tage die Woche im Einsatz – nichts ist mehr normal“

Seit März 2020 arbeiten in der gesamten Verwaltung rund 1.500 Menschen „in einem andauernden Ausnahmezustand“, so Hendele: „Nichts ist mehr normal. Das Gesundheitsamt hat zweifelsohne die Hauptlast der Corona-Pandemie zu tragen.“

Die Belegschaft arbeitet im Schichtdienst sieben Tage die Woche, auch an Feiertagen. „Gesetzliche Änderungen und eine Flut von Erlassen, vorzugsweise am Freitagnachmittag haben die Arbeitsbelastung enorm gesteigert und ein hohes Maß an Flexibilität verlangt“, sagte Hendele. 

 

„Desaströse Technik“ – Verantwortung liege beim Helmholtz-Institut

Erst im Juni 2021 hat der Kreis Mettmann sein System zur Kontaktnachverfolgung auf SORMAS umgestellt. Kurz danach hatte anzeiger24.de gefragt, ob es nun Verbesserungen gegeben habe. ➤ Eine konkrete Antwort gab es damals nicht.

Doch nun erklärte Hendele unmissverständlich: „Unsere Erfahrungen sind desaströs. Nicht nur, dass das Helmholtz-Institut als die Software pflegende Institution nicht in der Lage ist, über Wochen hinweg rund ein Dutzend Fehlerquellen abzustellen. Vom 23. bis zum 29. September waren wir nicht in der Lage, neue Meldungen über Infektionsfälle in das System einzugeben.“ ➤ Wir haben berichtet.

 

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„Trotz unserer sehr resolut vorgetragenen Forderungen, dies abzustellen, sahen sich die Dienstleister lange nicht in der Lage, ein funktionierendes System herzustellen. In der Öffentlichkeit und speziell in den Medien wird aber der Kreis für derartige Fehler verantwortlich gemacht. Dies gipfelte in der Berichterstattung einer Zeitung, die die haltlosen und von uns im Vorfeld widerlegten Behauptungen eines/einer frustrierten Beschäftigten 1zu1 übernahm.“

 

Es gebe Fehler in der Gesamtverwaltung, räumte Hendele ein: „Und es ärgert uns sehr, wenn es Kommunikationspannen gibt, wenn Bürgerinnen und Bürger entweder nicht zeitnah benachrichtigt werden oder aber Quarantänezeiträume falsch übermittelt werden. Aber bei einer Frequenz von mehr als hundert Neuinfektionen pro Tag können wir solche Fehler nicht völlig ausschließen. Und es bleiben trotzdem bedauerliche Einzelfälle. Gemeinsam mit allen beteiligten Ämtern des Hauses arbeitet das Gesundheitsamt täglich daran, nicht nur den Arbeitsanfall zu bewältigen, sondern gleichzeitig strukturelle Verbesserungen umzusetzen. Dies gelingt häufig so gut, dass andere Gesundheitsämter unsere Verfahren übernehmen.“

 

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Die Leiterin des Gesundheitsamtes, Dr. Ruzica Susenburger, und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter genießen sein „volles Vertrauen“, betonte Hendele.

 

Digitalisierung voran bringen

Die Pandemie habe gezeigt, dass das Kreisgesundheitsamt personell und technisch aufgestockt werden müsse, räumte Hendele ein. Dazu gebe es einen „Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst“ mit einem Volumen von 4 Milliarden Euro vom Bund. Hendele: „Unser Ziel muss es sein, das Kreisgesundheitsamt so auszustatten, dass aus einer grundlegenden normalen Organisationsform im Falle einer Pandemie auf eine besondere Aufbauorganisation umgeschaltet werden kann.“

 

Auch bei der Digitalisierung wolle er „das Tempo erhöhen“.

Der Kreis Mettmann habe sich dem Kommunalen Rechenzentrum des Niederrheins (KRZN) angeschlossen, um IT-Lösungen zu standardisieren: „Das bedeutet aber auch, dass wir uns an die strukturellen und operativen Vorgehensweisen des KRZN anpassen müssen. Und dies führt durchaus zu dem ungewollten Ergebnis, dass man auf die Einführung der einen oder anderen digitalen Lösung etwas länger warten muss. Trotz aller dieser ‚aber‘ darf ich versichern, dass die Führung der Kreisverwaltung der Digitalisierung in den nächsten Jahren hohe Aufmerksamkeit widmen wird.“

 


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PIRATEN sind noch immer nicht überzeugt

Für Klaus Küppers von der PIRATEN-Fraktion sind diese Aussagen allerdings nicht ausreichend. Zur Kreistagssitzung hat er einen Fragekatalog an die Kreisverwaltung gesendet. Die ➤ Antworten befriedigen ihn allerdings nicht.

Küppers: „Die Prozesse, wie mit Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern oder Fehlern bei der Kontaktverfolgung innerhalb der Verwaltung umgegangen wird, konnte und wollte der Kreis nicht offenlegen (‚Fehler würden intern besprochen‘). Ebenfalls konnte die Kreisverwaltung keine Daten vorlegen, wie lange es durchschnittlich dauert, bis ein gemeldeter Kontakt vom Gesundheitsamt benachrichtigt wird.“ Seine Fraktion werde daher noch weiter „bohren“.

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Foto: Archiv / G. Altmann/Pixabay
Portrait Hendele: Kreis Mettmann


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