Flüchtlings-Aufnahme: Müssen wieder Sporthallen geschlossen werden?

Was macht die Stadt Hilden, wenn die Zahl der Schutzsuchenden zunimmt?

Seit Wochen schon schlagen die Rathäuser im Lande Alarm: Sie befürchten, mit der zunehmenden Zahl an geflüchteten Menschen aus der Ukraine überfordert zu sein. „Die Kommunen sind bei der Aufnahme von Geflüchteten am Limit. Immer mehr wissen nicht, wie sie die Menschen unterbringen sollen. Es fehlt an Räumlichkeiten und Personal“, hieß es in einem Aufruf des Städte- und Gemeindebundes vor etwa einem Monat.

 

Anfang November haben Bund und Länder vereinbart, die Kommunen mit weiteren 4,25 Milliarden Euro für die Unterbringung von Flüchtlingen in 2022 und 2023 zu unterstützen. „Die Hilfen werden dringend benötigt, die Kommunen haben nicht das Geld, um den teuren Betrieb von Notunterkünften dauerhaft zu finanzieren“, erklärte daraufhin der Städte- und Gemeindebund. „Die Städte und Gemeinden tragen bei der Versorgung und Integration der Geflüchteten die Hauptlast.“

Das gibt uns Anlass zur Nachfrage: Wie sieht es in Hilden aus?

Wir haben Sozialdezernent Sönke Eichner dazu befragt:

 

Wie beurteilt die Stadt Hilden ihre Lage?

Sönke Eichner: Hilden erfüllt die gesetzliche Aufnahmequote aktuell nahezu. Zu- und Wegzüge halten sich die Waage. Allerdings stehen nur noch wenige freie Betten zur Verfügung, und sollte – wie angekündigt – die Zahl der Zuweisungen deutlich steigen, stellt dies auch für Hilden ein großes Problem dar.

 

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Wie viele Geflüchtete werden derzeit betreut (aus der Ukraine / aus anderen Kriegsgebieten)?

In den städtischen Unterkünften werden derzeit 772 Personen (Stand: 9. November 2022) betreut. Davon 282 Geflüchtete aus der Ukraine. Hinzu kommen 257 Geflüchtete aus der Ukraine, die in privatem Wohnraum leben.

Wie viele Menschen erwartet die Stadt Hilden noch, bzw. werden der Stadt voraussichtlich noch zugewiesen?

Aktuell hat die Stadt Hilden eine Aufnahmeverpflichtung für 26 Personen (Stand 4. November 2022).
Allerdings ist diese Zahl nur eine Momentaufnahme. Kommen mehr Geflüchtete nach Deutschland, erhöht sich die Zahl der aufzunehmenden Menschen anteilig.

 

Wo können die Menschen untergebracht werden? Reichen die Kapazitäten?

Derzeit hat die Stadt Hilden zehn freie Plätze in ihren Unterkünften. Weitere zwölf Notschlafbetten können kurzfristig eingerichtet werden. Für eine akute Notlage, in der spontan sehr viele Menschen gleichzeitig versorgt werden müssen, hält die Verwaltung verschiedene Optionen offen, unter anderem die Unterbringung in Hotelzimmern sowie in der Sporthalle am Weidenweg.

 

Geflüchtete Menschen haben nach Erteilung eines Aufenthaltstitels außerdem grundsätzlich die Möglichkeit, Wohnungen, die auf dem freien Markt verfügbar sind, anzumieten. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels erfolgt bei Geflüchteten aus der Ukraine meist wenige Wochen nach Antragsstellung. Die Kosten für Unterkunft und Heizung übernimmt in diesen Fällen das Jobcenter. Sobald sie eine Wohnung gefunden haben, steht der Platz in der Notunterkunft wieder zur Verfügung. Der Hildener Wohnungsmarkt ist allerdings sehr angespannt.

 

Es ist also auch damit zu rechnen, dass wieder Sporthallen u.ä. Stätten für die Bevölkerung geschlossen und für Geflüchtete hergerichtet werden?

Da nicht abzusehen ist, wie viele Geflüchtete in Zukunft in Deutschland und damit in Hilden Schutz suchen, kann nicht ausgeschlossen werden, dass übergangsweise auch Einrichtungen wie Sportstätten genutzt werden müssen. Dabei handelt es sich aber um eine letzte Lösung, die nur im absoluten Notfall zum Tragen kommt, da sie weder für die Geflüchteten noch für die eigentlichen Nutzer/innen der Einrichtung oder die Verwaltung wünschenswert ist.

 

Was bedeutet die Aufnahme und Betreuung der Flüchtlinge für die finanzielle Situation der Stadt Hilden? Sind die Mittel von Bund und Land auskömmlich oder muss die Stadt selbst Gelder bereitstellen?

Eine Refinanzierung durch den Bund und das Land ist nicht vollständig gegeben.

 

Was meinen Sie damit? Ist nun mit Mehrausgaben zu rechnen?

Grundsätzlich stellen Bund und Land zur Aufnahme und Betreuung von Flüchtlingen in den Kommunen unterschiedliche Pauschalen und Einmalzahlungen zur Verfügung. Diese unterscheiden sich im berechtigtem Personenkreis sowie in den Verteilmechanismen.

So wurden für Geflüchtete aus der Ukraine durch den Bund bislang Mittel in zwei Tranchen als Einmalzahlungen sowie für einen begrenzten Zeitraum eine monatliche Pauschale je Person ausgezahlt. Dabei hängt die Höhe der Gelder aus den Tranchen für Hilden nicht von den tatsächlichen Kosten, sondern von der Personenzahl und der insgesamt zur Verfügung gestellten Summe ab.

Die Pauschalbeträge sind im Flüchtlingsaufnahmegesetz geregelt. Beide Verfahren stellen keine vollständige Refinanzierung der Kosten dar, da die tatsächlichen Kosten keinen Einfluss auf die Höhe der zur Verfügung gestellten Mittel haben. Zudem sind noch nicht alle entstanden Kosten ermittelbar, da beispielsweise Kosten der Krankenhilfe teilweise noch nicht mit der Stadt abgerechnet wurden.

Ob die Mittel auskömmlich sind oder zusätzliche Mittel durch die Stadt aufzubringen sind, kann deshalb zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend beantwortet werden.

 

Anhand dieses Beispiels wird deutlich, was noch alles auf die Kommunen zukommen kann, wenn sich die Lage in der Ukraine und anderen Kriegsgebieten nicht entspannt.

 

Bericht: Achim Kaemmerer
Foto: Archiv/Pixabay

 


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