Kunstskandal in Hilden – oder einfach nur eine Posse um Pinguine?

Und wann sprudelt das Wasser endlich wieder?

Es war wohl als Spaß oder vielleicht auch nur als kleiner Farbtupfer in der grauen Winterzeit gedacht, weshalb Unbekannte den Pinguinen am Pinguinbrunnen (Kirchhofstraße/Heiligenstraße ) vor einigen Wochen bunte Schals umgehängt und eine Mütze aufgezogen hatten. Dabei folgten die Gutmenschen einer Tradition, die schon mindestens fünf Jahre gepflegt wird.

Jedenfalls wird sich auch in diesem Jahr niemand etwas Böses dabei gedacht haben, bis der Souverän in Person der Hildener Kulturamtsleiterin Eva Dämmer von der Sache Wind bekam und umgehend einschritt.

 

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Was bei vielen Bürgern für ein Schmunzeln gesorgt hatte, gefiel der Kulturchefin allerdings nicht. Der Pinguinbrunnen, so stellte Frau Dämmer klar, sei ein Kunstwerk und dürfe deshalb ohne Genehmigung des Künstlers nicht „verziert“ werden. Damit spielte sie offenbar auf den §304 des Strafgesetzbuches an.

 

Und nebenbei erklärte uns die Stadt höflich, dass selbst das Fotografieren und die Weiterverbreitung des Fotos (also beispielsweise auf unserer Facebook-Seite) aus o.g. Gründen nicht gestattet sei.

 

Warum die Stadt jahrelang keinen Anstoß an der Pinguin-Winterausrüstung genommen hat, war leider nicht in Erfahrung zu bringen.

 

§ 304: Verstöße können mit bis zu 3 Jahren Haft geahndet werden

Wer „Gegenstände der Kunst“ beschädigt oder zerstört, kann laut §304 StGB mit Gefängnis bestraft werden. Aber es ist ja nichts zerstört worden.

Weiter ist geregelt: Ebenso wird bestraft, wer ein Kunstwerk „unbefugt nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert“!

Das verschwurbelte Juristendeutsch heißt übersetzt: Die Pinguine hätten schon erheblich und längerfristig verändert werden müssen, um darin einen Verstoß gegen § 304 Absatz 2 StGB zu sehen.

 

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Schals und Mütze wurden von der Stadt umgehend entfernt

Auf Veranlassung der Kulturamtsleiterin wurden jedenfalls kurze Zeit nach Bekanntwerden Schals und Mütze von der Stadt entfernt.

Die Corpi Delicti wurden nach Angaben der Stadt eine Woche lang im Kulturamt zur Abholung eingelagert. Von einer Anzeige gegen den Übeltäter will die Stadt freundlicherweise absehen.

 

Ist es eigentlich auch eine „Verunstaltung“, wenn der Brunnen über zwei Jahre außer Betrieb ist?

Die Kulturamtsleiterin hat richtigerweise festgestellt, dass es sich bei dem Pinguinbrunnen um ein Kunstwerk handelt. Es wurde 1955 vom Hildener Künstler Hans Peter Feddersen erschaffen.

 

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So sah der Pinguinbrunnen mal aus, als das Wasser noch sprudelte: ein Gesamtkunstwerk

 

Es stellt sich die Frage, ob der Springbrunnen, an dessen Rand die Pinguine stehen, zum Kunstwerk gehört und damit quasi ein Gesamtkunstwerk bildet, auch wenn der Brunnen selbst und das Wasserspiel nicht vom Künstler stammen?

 

Lassen wir an dieser Stelle die Antwort offen und halten lieber fest:
Es wäre wünschenswert gewesen, wenn die Stadt mit den Schals etwas relaxter umgegangen wäre und sich zukünftig bei der seit Jahren überfälligen Reparatur des Springbrunnens mit demselben Eifer und derselben Geschwindigkeit um Erledigung kümmern würde, die sie beim Entfernen der „Verzierungen“ an den Tag gelegt hat!

 

Apropos: Was ist eigentlich mit der Sanierung?

Update: Vor ziemlich genau einem Jahr hat die Stadt verkündet, dass der Brunnen „bald wieder sprudeln“ solle.

Dann geschah lange Zeit nichts. 

 

Im Herbst hatten wir nachgefragt. ➤ Damals hieß es: „Grundsätzlich sind nur die Pumpe und die Schalttechnik defekt. Durch die geplante und erforderliche Reparatur verliert der Brunnen aber seinen ‚Bestandsschutz‘, und dies wiederum führt dazu, dass ein Umbau der kompletten Brunnentechnik zur Anpassung an die aktuellen Vorschriften nötig wird.“

 

Und jetzt? Ist die Stadt ein Stückchen weiter? 

Die Stadt teilt uns mit: „Die Planung ist fertig. Die Gewerke ‚Elektrik und Pumpenlieferung‘ sowie ‚Optimierung des Beckens inkl. Abdichtung‘ wurden beauftragt. Ein Angebot zur Ausführung der Umbauarbeiten wurde angefragt.“ 

 

Das klingt danach, als müssten wir noch etwas länger warten, bis uns das ursprüngliche Gesamtkunstwerk wieder beglücken kann – ohne Schal und Mütze. 

 

Bericht: Walter Thomas
Fotos/Collage: anzeiger24.de

 


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